Das Schweizerische Bundesgericht hat mit Urteil BGer vom 17.01.2025, 2C_405/2022 (zur Publikation vorgesehen) entschieden, dass der Schulvertrag zwischen der Politischen Gemeinde Wil und der Stiftung Schule St. Katharina verfassungswidrig ist.
Kernpunkt der Entscheidung ist die Übertragung der Führung einer öffentlichen Sekundarschule an eine private, konfessionell geprägte Mädchenschule. Das Bundesgericht stellt klar, dass solche Übertragungen einer klaren, formellen gesetzlichen Grundlage bedürfen. Zwar erkannte es, dass der Schulvertrag in Verbindung mit kantonalem Recht (Art. 126 GG/SG in Verbindung mit Art. 3 GG/SG) eine solche Grundlage darstellen kann.
Das Gericht beanstandete jedoch, dass die konfessionelle Ausrichtung und die intensive religiöse Prägung im Schulalltag der Schule St. Katharina gegen das Gebot der konfessionellen Neutralität der öffentlichen Schule verstossen. Die Vielzahl an religiösen Aktivitäten ist fest im Schulalltag verankert und erzeugt einen latenten Druck auf die Schülerinnen, an religiösen Handlungen teilzunehmen. Damit wird das verfassungsmässige Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit verletzt.
Weiter wurde die ausschliessliche Zulassung von Mädchen als Verletzung des Diskriminierungsverbots gemäss Art. 8 BV beurteilt. Der Grundsatz der Koedukation gilt grundsätzlich und die Benachteiligung von Knaben durch das exklusive Mädchenschulkonzept sowie das weitergehende, differenzierte Musikangebot stellt eine diskriminierende Ungleichbehandlung dar.
In der Folge hat das Bundesgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 11. April 2022 sowie die Schulvertragsbeschlüsse der Gemeinde Wil aufgehoben. Gerichtskosten werden nicht erhoben und keine Parteientschädigung zugesprochen.
Diese Entscheidung zeigt die engen Grundrechtsanforderungen, unter denen öffentlich-rechtliche Aufgaben an private, religiös geprägte Schulträger übertragen werden dürfen. Insbesondere steht die konfessionelle Neutralität der öffentlichen Schule im Vordergrund.
Wie beurteilen Sie die Grenzen der Übertragung von öffentlichen Aufgaben an private Religionsschulen?