Das Bundesgericht hat im Urteil BGer vom 19.05.2025, 2C_699/2023 (zur Publikation vorgesehen) Leitplanken zum Arbeitnehmerstatus und dem Aufenthaltsrecht nach dem Freizügigkeitsabkommen (ALC) bei EU/EFTA-Staatsangehörigen gesetzt.
Ein italienischer Staatsbürger, nach längerer Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit in der Schweiz, bezog ab 2019 Sozialhilfe. Nach der Entziehung seines Aufenthaltsrechts nahm er eine Lehre als Elektroinstallateur mit tiefem Lehrlingslohn auf, blieb jedoch auf Sozialhilfe angewiesen.
Das Bundesgericht bestätigt nun: Ein Lehrverhältnis mit Ausbildungscharakter schliesst den Arbeitnehmerstatus gemäss ALC nicht zwingend aus. Entscheidend sei aber, ob die Tätigkeit tatsächlich und effektiv ist – geprägt von der üblichen Dauer und der Höhe des Lohns. Auch bei Lernenden findet keine automatische Rückerlangung des Arbeitnehmerstatus statt, wenn das Arbeitsverhältnis von niedrigen Löhnen und erheblicher Sozialhilfeabhängigkeit geprägt ist.
Wer in Ausbildung ist, aber keine ausreichenden Eigenmittel nachweisen kann und somit dauerhaft auf Sozialhilfe angewiesen bleibt, hat keinen Anspruch auf den Aufenthaltsstatus nach ALC als Erwerbstätiger oder zur Ausbildung. Auch ein Anspruch auf privates oder familiäres Aufenthaltsrecht nach EMRK wurde mangels ausreichender Aufenthaltsdauer und fehlender besonderer Integration verneint.
Bemerkenswert ist die Klarstellung des Bundesgerichts, dass beim Wechsel vom Arbeitnehmer- ins Lehrverhältnis in der Praxis hohe Anforderungen an die Effektivität und Selbstfinanzierung zu stellen sind.
Wie beurteilen Sie die Schwelle für das Vorliegen einer tatsächlichen und effektiven Erwerbstätigkeit in Lehrverhältnissen im Lichte dieser Rechtsprechung?