Das Bundesgericht vom 29. April 2025, 9C_199/2022 (zur Publikation vorgesehen) hat die Anforderungen an die Wirtschaftlichkeitsprüfung von ambulanten ärztlichen Leistungen gemäss KVG präzisiert.
Im zugrundeliegenden Fall wurde ein Facharzt für Allgemeine Innere Medizin von mehreren Krankenversicherern wegen angeblich unwirtschaftlicher Behandlungsweise für das Jahr 2019 auf Rückerstattung von bezahlten Vergütungen verklagt. Das kantonale Schiedsgericht verurteilte den Arzt zur Rückzahlung eines Betrags von rund CHF 156’455.75.
Die Grundsätze der Entscheidung fassen sich wie folgt zusammen:
- Die Wirtschaftlichkeitsprüfung erfolgt zweistufig: Zunächst dient eine Regressionsanalyse als Screening-Methode zur Identifikation kostenauffälliger Leistungserbringer. Darauf folgt eine Einzelfallprüfung, bei der Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen sind, ebenso wie die endgültige Festlegung der Toleranzmarge. (E. 4.3–4.5)
- Die Vergleichsgruppe im Screening wird primär nach Facharzttitel gebildet. Spezifische Praxisschwerpunkte müssen nicht bereits bei der Bildung des Referenzkollektivs berücksichtigt werden, da diese Differenzierung erst in der Einzelfallprüfung erfolgt. (E. 8.1)
- Die Rückerstattungspflicht bezieht sich nur auf die direkten Kosten. Die Berechnung der Rückerstattungsquote hat jedoch auf der Grundlage des Gesamtkostenindexes zu erfolgen, der sowohl direkte als auch veranlasste Kosten umfasst. (E. 10.2–10.4)
Im vorliegenden Verfahren wurden die Einzelfallprüfung und die substantiierte Berücksichtigung der Praxisbesonderheiten nicht ausreichend durchgeführt. Insbesondere hätte der Leistungserbringer vor Klageerhebung zur Mitwirkung aufgefordert werden müssen, um seine Praxisbesonderheiten glaubhaft darzulegen.
Folglich hat das Bundesgericht das Urteil des Schiedsgerichts aufgehoben und die Sache zu ergänzter Wirtschaftlichkeitsprüfung und neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
Dieses Urteil bekräftigt die methodische Zweiteilung der Wirtschaftlichkeitsprüfung im KVG und betont den erforderlichen Ausgleich zwischen statistischer Effizienz und Einzelfallgerechtigkeit.
Wie beurteilen Sie die Handhabung der Toleranzmarge im Screening-Verfahren in Ihrem Praxisbereich?