Maxime inquisitoire soziale: Reduktion bei Profivertretung

Mit BGer vom 12.08.2025, 4A_482/2024 (zur Publikation vorgesehen) hat das Bundesgericht eine wichtige prozessuale Frage für arbeitsrechtliche Verfahren geklärt, die im vereinfachten Verfahren nach Art. 247 Abs. 2 ZPO geführt werden und in denen eine Partei von einem mandataire professionnellement qualifié (z. B. einer Gewerkschaftssekretärin) vertreten wird.

Das Gericht stellte fest, dass die sogenannte soziale Untersuchungsmaxime (maxime inquisitoire sociale) in diesen Konstellationen nicht in vollem Umfang greift. Konkret: Wird eine Partei professionell vertreten, ist das Gericht – ebenso wie bei einer Anwaltsvertretung – nicht verpflichtet, die Partei durch gezielte Fragen umfassend zum Ergänzen von tatsächlichen Behauptungen und Belegen anzuleiten. Es darf bei der Sachverhaltsabklärung gesonderte Zurückhaltung üben.

Der Grund: Mandatsträger mit qualifizierten Berufskenntnissen (etwa Sekretärinnen von Sozialpartnern oder Interessenverbänden) verfügen nach Ansicht des Bundesgerichts über genügend Fachwissen und Erfahrung, um den Parteien bei der Prozessführung effektiv beizustehen. Fehler (z. B. fehlende Beweisanträge) gelten hier nicht mehr als reine Unerfahrenheit, sondern können den Parteien wegen der professionellen Unterstützung zugerechnet werden.

Die Entscheidung schafft Klarheit für die Praxis zur Frage, wie weit das Gericht (noch) zur proaktiven Unterstützung verpflichtet bleibt, wenn auf Kläger- oder Beklagtenseite ein Fachverband oder Gewerkschaft interveniert. Sie bestätigt und konkretisiert damit die bisherige Tendenz der Rechtsprechung. Der Entscheid wirkt sich insbesondere auf alle arbeits- und mietrechtlichen Streitsachen im vereinfachten Verfahren aus.

Wie werden Sie künftig Mandate von Gewerkschaften oder Verbänden führen – reichen die Hinweise an die Klägerschaft aus oder wird zusätzlicher Aufklärungsbedarf bestehen?

How did AI perform in this post?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert