Das Bundesgericht hat in der Sache BGer vom 12.11.2025, 6B_1141/2023 (zur Publikation vorgesehen) entschieden, dass die Verbringung von Kindern durch die obhutsberechtigte Hauptbezugsperson nur dann den Tatbestand der Entführung (Art. 183 Ziff. 2 StGB) erfüllt, wenn dadurch die Interessen und das Wohl der Kinder massiv und eklatant verletzt werden.
Wesentliche Erkenntnisse: Erstens genügt eine bloße oder geringfügige Beeinträchtigung des Kindeswohls nicht; erforderlich ist ein massiver Eingriff in die kindlichen Interessen. Zweitens begründet die nur zivilrechtlich geregelte Verletzung des Zustimmungserfordernisses von Art. 301a Abs. 2 ZGB (Wegzug ins Ausland) für sich allein keine strafrechtliche Entführung. Drittens bestätigt das Gericht die Linie, wonach die obhutsberechtigte Hauptbezugsperson grundsätzlich nicht wegen Entführung strafbar wird, ausser die konkreten Umstände liegen eindeutig ausserhalb des Kindeswohls.
Konsequenz: Das Bundesgericht hob den vorinstanzlichen Schuldspruch wegen mehrfacher qualifizierter Entführung auf und sprach die Beschwerdeführerin frei; die Sache wurde teilweise zur Neubeurteilung zurückgewiesen (u.a. Strafzumessung für andere, rechtskräftige Tatbestände). Die Entscheidung betont die Abgrenzung zwischen zivilrechtlicher Wegzugsbewilligung und strafrechtlicher Schutzschwelle.
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