Kein Revisionsgrund für nachträgliche Beweismittel – BGer klärt Revision von Schiedsentscheidungen
Mit BGer vom 17.04.2025, 4A_46/2024 (zur Publikation vorgesehen) bestätigte das Bundesgericht zentrale Vorgaben zur Revision von Zuständigkeitsentscheiden internationaler Schiedsgerichte gemäss Art. 190a Abs. 1 lit. a IPRG.
- Beweismittel als Revisionsgrund: Für die Revision eines Schiedszwischenentscheids müssen die neu entdeckten Beweismittel bereits vor dem zu revidierenden Entscheid existiert haben. Beweismittel, die (wie hier ein „Geständnis“ eines Zeugen) erst nach dem Entscheid entstanden sind, können selbst dann nicht berücksichtigt werden, wenn sie frühere Vorgänge beleuchten (E. 6.3/6.4).
- Fristwahrung: Die 90-tägige Revisionsfrist gemäss Art. 190a Abs. 2 IPRG beginnt mit Kenntnis des Revisionsgrundes zu laufen und ist für jedes einzelne Beweismittel separat zu prüfen. Das Bundesgericht verlangt hierzu konkrete Belege über Zeitpunkt und Umstände der Entdeckung; allgemeines Vorbringen genügt nicht (E. 5.3/5.4).
- Bindender Zwischenentscheid: Auch ein Zuständigkeitsentscheid eines Schiedsgerichts ist revisionsfähig, sofern das Erfordernis eines aktuellen Interesses und das Vorliegen eines echten Novums erfüllt sind (E. 4.3).
Hintergrund: Ein britischer Investor hatte gegen China wegen angeblicher Enteignung und Verletzung des Investitionsschutzabkommens geklagt. China beantragte die Revision des Schiedsgerichts-Zuständigkeitsentscheids gestützt u.a. auf das spätere „Geständnis“ eines Zeugen. Die Revision wurde – wie erwartet – abgelehnt: Das „Geständnis“ entstand erst nach dem Entscheid und ist nicht zulässig, zwei weitere vorgelegte Dokumente konnten mangels Fristwahrung nicht berücksichtigt werden. Die Kosten wurden der gesuchstellenden Partei auferlegt.
Fazit: Für die Revision in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit gilt eine strikte Unterscheidung: Nur bereits vorliegende, nicht erst nach dem Entscheid entstandene Beweismittel sind taugliche Revisionsgründe. Die Fristwahrung ist konkret zu belegen.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Novenpraxis des Bundesgerichts für Schiedsverfahren – fördert oder bremst sie die materiell richtige Streitentscheidung?