Das BGer vom 15.09.2025, 4A_193/2025 (zur Publikation vorgesehen) hat einen wichtigen Entscheid zur Taggeldversicherung bei arbeitsplatzbezogener Arbeitsunfähigkeit gefällt: Auch wenn eine Versicherung in ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) explizit den Anspruch auf eine Übergangsfrist bei reinem Stellenwechsel ausschliesst, bleibt die bundesgerichtliche Rechtsprechung zwingend: Versicherte haben grundsätzlich Anspruch auf eine angemessene Übergangszeit für Anpassung und Stellensuche.
Im konkreten Fall kündigte der Versicherer die Taggeldleistungen mit Hinweis auf den AVB-Ausschluss, sobald der Versicherte bei einem anderen Arbeitgeber wieder voll arbeitsfähig gewesen wäre. Trotzdem bestätigte das Bundesgericht den Anspruch auf Taggeld während einer zweimonatigen Übergangsfrist.
Das Gericht betont, dass die Schadenminderungspflicht zwar vertraglich konkretisiert werden darf, eine generelle und absolute Wegbedingung der Übergangszeit dem Gebot von Treu und Glauben aber widerspricht. Versicherungen dürfen versicherten Personen keine unrealistischen Anforderungen auferlegen, indem sie eine sofortige Stellenaufnahme verlangen, selbst wenn die Suche faktisch unmöglich ist. Das Bundesgericht stellt klar: Auch bei einem reinen Stellenwechsel – und nicht nur bei einem Berufswechsel – hat die versicherte Person ein Recht auf eine Anpassungsfrist.
Vertragliche Ausschlussklauseln, die eine Übergangsfrist pauschal verweigern, sind daher nicht anwendbar. Die konkrete Dauer bleibt Aufgabe der Einzelfallbeurteilung; im vorliegenden Fall waren zwei Monate als Anpassungszeit nicht zu beanstanden.
Wie beurteilen Sie als Praktiker die Praxistauglichkeit dieser bundesgerichtlichen Vorgaben für (Kollektiv-)Taggeldversicherer?