Das BGer vom 08.10.2025, 6B_733/2024 (zur Publikation vorgesehen) befasst sich mit der Anwendung des neuen Art. 90 Abs. 3ter SVG betreffend schwere Verkehrsdelikte.
Im konkreten Fall wurde ein junger Ersttäter wegen massiver Geschwindigkeitsüberschreitung in einer 50er-Zone – mit 103 km/h gemessen – zunächst von der Vorinstanz zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr (bedingt) nach altem Recht verurteilt. Der Betroffene wehrte sich dagegen unter Hinweis auf das neue Recht, welches dem Gericht nun erlaubt, beim erstmaligen Delikt auf eine tiefere Strafe bzw. auch auf eine Geldstrafe zu erkennen – sofern kein einschlägiger Vorfall in den letzten zehn Jahren vorliegt.
Das Bundesgericht hält in seinem Leiturteil fest, dass Art. 90 Abs. 3ter SVG dem Gericht tatsächlich einen erweiterten Strafrahmen zugesteht (kann-Vorschrift). Die Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr gemäss Art. 90 Abs. 3 SVG ist für Ersttäter nicht mehr zwingend anzuwenden. Die kantonalen Richter sind verpflichtet, bei Vorliegen der Voraussetzungen die Möglichkeit einer tieferen Strafe zu prüfen und dies auch zu begründen.
Besonders praxisrelevant ist, dass die Dauer der Fahrpraxis unerheblich ist. Auch Lenker, die erst seit kurzer Zeit den Führerausweis besitzen (hier: rund zwei Jahre), profitieren von diesem Ermessensspielraum. Allein das Kriterium, dass keine einschlägigen Vorstrafen in den letzten zehn Jahren vorliegen, ist relevant.
Weil die kantonale Instanz stur am Strafminium festhielt, hat das BGer das Urteil aufgehoben und zur erneuten Strafzumessung zurückgewiesen.
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