Das BGer vom 04.09.2025, 2C_657/2023 (zur Publikation vorgesehen) klärt die Frage der Anfechtbarkeit von Ausschreibungsunterlagen im Einladungsverfahren gemäss neuer IVöB-Grundlage.
Im zugrundeliegenden Fall schrieb eine Gemeinde den Winterdienst im Einladungsverfahren aus und legte u. a. den Preis mit nur 30% als Zuschlagskriterium fest. Die zu kurze Frist für eine Anfechtung dieser Bewertung wurde vom Verwaltungsgericht bejaht, da die Unterlagen angeblich mit Erhalt der Einladung hätten angefochten werden müssen. Das Bundesgericht widerspricht dieser Ansicht nun klar.
Das Gericht stellt fest: Im Einladungsverfahren stellt die Einladung zur Offerteinreichung keine Ausschreibung im Sinne von Art. 53 Abs. 1 lit. a IVöB dar. Folglich können auch die Ausschreibungsunterlagen nicht eigenständig zusammen mit der Einladung angefochten werden. Vielmehr gilt, dass Mängel in Ausschreibungsunterlagen erst im Rechtsmittel gegen das nächste zulässige Beschwerdeobjekt (z. B. gegen einen Zuschlag) vorgebracht werden können.
Die Konsequenz: Wer im Einladungsverfahren mit den Unterlagen nicht einverstanden ist, muss Beanstandungen nicht umgehend gesondert erheben, sondern darf zuwarten, bis ein anfechtbarer Entscheid ergeht. Vorinstanzen dürfen dies nicht als verspätet erachten.
Mit diesem Entscheid gibt das Bundesgericht wichtige Orientierung für die Praxis: Die Anfechtungslast wird im Einladungsverfahren wesentlich entschärft. Wie bewerten Sie diesen Ansatz hinsichtlich Rechtssicherheit und Praktikabilität für Anbieter und Vergabestellen?