Das Bundesgericht (BGer vom 21.07.2025, 2C_332/2024, zur Publikation vorgesehen) hatte sich mit den Voraussetzungen zur Entbindung von der beruflichen Schweigepflicht im Gesundheitswesen auseinanderzusetzen.
Im konkreten Fall beantragte eine Klinik die Entbindung mehrerer Psychologen von der Schweigepflicht gegenüber den Strafverfolgungsbehörden, als bei einem Patienten der Konsum von Kinderpornografie thematisiert wurde. Das zuständige Amt entsprach dem Antrag, hörte den Patienten als Geheimnisträger jedoch im Verfahren nicht an und eröffnete ihm die Entbindungsverfügung auch nicht. Erst nach Einleitung eines Strafverfahrens und Akteneinsicht erfuhr der Betroffene davon, erhob jedoch erfolglos Verwaltungsbeschwerde. Vor Bundesgericht rügte er die Nichtigkeit der Verfügung.
Das Bundesgericht hob das kantonale Urteil auf und stellte die absolute Nichtigkeit der Schweigepflicht-Entbindung fest. Es hält fest, dass eine Entbindung nach Art. 321 Ziff. 2 StGB zwingend auf Antrag des Geheimnisträgers zu erfolgen und diesem persönlich zu eröffnen ist. Die fehlende Anhörung und Bekanntgabe an den Hauptbetroffenen verletze dessen Anspruch auf rechtliches Gehör derart schwerwiegend und offensichtlich, dass die Verfügung von Anfang an keine Rechtswirkung entfaltete. Die Mängel waren auch nicht durch das Interesse an effektiver Strafverfolgung gerechtfertigt; das Bundesgericht fordert hierfür eine explizite gesetzliche Grundlage, welche hier fehlte. Da die Rechtssicherheit nicht gefährdet ist – die Klinik und ihre Mitarbeitenden hatten gutgläubig gehandelt –, wurde die Nichtigkeit angenommen.
Praktische Konsequenz: Verwaltungsbehörden dürfen berufliche Schweigepflicht nur unter strikter Einhaltung der Parteirechte als Ausnahme lockern. Insbesondere sind Patienten als Geheimnisträger zwingend anzuhören und zu benachrichtigen – andernfalls ist die Verfügung nichtig.
Wie gehen Sie in der Praxis mit Ad-hoc-Situationen um, in denen eine sofortige Meldung an Behörden und ein Entbindungsverfahren kollidieren?